Unser Schreibwettbewerb

Schreibwettbewerb Zukunft. Wir freuen uns auf deinen Text. Etwas das mit Zukunft zu tun hat, so wie du sie dir vorstellst oder wie du sie dir wünscht. Die besten Geschichten werden veröffentlicht: Deine Idee wird Teil eines richtigen Buchs!

Der Career Service veröffentlicht die zehn besten Einsendungen in einer Anthologie. Dein fiktionaler Text sollte zwischen 6.000 und 20.000 Zeichen (inklusive Leerzeichen) haben und kann in deutscher oder englischer Sprache verfasst sein. Er sollte spätestens bis zum 30.11.2024 als PDF-, DOCX- oder ODT-Datei an menke@career.uni-siegen.de geschickt werden. Spätere Einreichungen oder solche, die den angegebenen Umfang über- bzw. unterschreiten, werden bei der Auswahl nicht berücksichtigt.

Wichtig: Am Ende des Textes muss ein Absatz mit folgenden Informationen über dich stehen: Name, Postanschrift, Studienfach, Matrikelnummer, E-Mail-Adresse und Telefonnummer. Die Entscheidung über die Auswahl wird durch eine vom Career Service der Universität Siegen zusammengestellte Jury getroffen und ist nicht anfechtbar. Mit der Einsendung werden die Teilnahmebedingungen anerkannt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Schreibinspiration/Lesetipp #3 – E.M. Forster: The Machine Stops

In diesem Blogbeitrag wird die Kurzgeschichte „The Machine Stops“ von E.M. Forster vorgestellt. Dazu werde ich einen kleinen Einblick in Forsters von einer Maschine bestimmte Welt geben, ohne aber zu viel von der Geschichte an sich zu erzählen.

Lebensstil – People never touched one another. (97)

Die Menschen leben unter der Erde in kleinen Zellen. In diesen können sie per Knopfdruck all ihre Bedürfnisse von der Maschine erfüllen lassen. Dazu gibt es ein kleines Handbuch, das sogenannte „Book of the Machine“, das einem bei allen Problemen hilft. Denn es sagt einem, welchen Knopf man wann drücken muss. So manch einer liebt dieses Buch, verehrt es und liest aus ihm wie aus einer Bibel. Bei diesem Buch handelt es sich um das einzige Buch, welches noch wie in den alten Zeiten ist.

Alle sozialen Kontakte erfolgen über die Maschine. Face-to-Face-Unterhaltungen sind die Ausnahme. Die Menschen in dieser Welt sind nahezu komplett auf eine Art Internet-Video-Call umgestiegen. Aber was machen die Menschen den ganzen Tag? – Sie geben oder hören Vorlesungen über wissenschaftliche Themen, zum Beispiel Musik oder die französische Revolution. Wenn sie nicht gerade Vorlesungen hören, tun sie anderen Dinge, die ihnen Ideen geben. Dazu gehört zum Beispiel auch ein Gespräch mit einem guten Freund.

Die Menschen haben kein Gefühl mehr für den Raum, dafür aber umso mehr für die Zeit. Es gibt keinen Moment, in dem sie nicht an die Zeit oder an Zeitverschwendung denken.

Werte – How we have avanced thanks to the Machine! (97)

Die Freiheit ist in dieser Welt der Gemütlichkeit gewichen. Freiheit wird als etwas Beängstigendes oder sogar Verpöntes angesehen. Verbesserung und Effizienz stehen im Vordergrund. Der Mensch als Ganzer, d.h. als Art, soll verbessert werden. Für diesen Zweck soll die Maschine immer effizienter arbeiten.

Soziale Kontakte oder Familie sind nicht wichtig. Ein Austausch mit einem guten Freund dient nur dem Generieren von neuen Ideen. Der oberste Zweck ist somit nicht die Verbesseung oder Entfaltung des Selbst. Die Verbesserung des Selbst dient allenfalls der Verbesserung der Menschheit und der Zivilisation. Es geht jedoch nur um die geistige „Verbesserung“ und niemals um eine körperliche. Denn das Trainieren des eigenen Körpers steht einem gemütlichen, effizienten Leben im Weg und wird als etwas Schlechtes angesehen. Der Körper des Menschen soll in dieser Welt nicht vebessert werden, sondern anpassungsfähig sein und zwar an den kleinen gefängnisartigen Lebensraum.  

Wissenschaft – Beware of first-hand ideas! (109)

Kann Wissenschaft ohne unmittelbaren Bezug zum Wissenschaftsobjekt gemacht werden? In dieser Welt ist das der Normalfall. Es wird sogar erwünscht, dass man seine Kenntnisse nicht aus erster Hand, sondern lieber aus zweiter, drtitter oder vierter Hand generiert. Die Dinge direkt beobachten wollen – das ist in dieser Welt verpönt, auch wenn einige Wissenschaftler in dieser Welt immer noch diesen Wunsch haben. Jedoch wird den Menschen weisgemacht, dass eine Wissenschaft nicht auf persönlichen Erfahrungen gründen kann:

First-hand ideas do not really exist. They are but the physical impressions produced by love and fear, and on this gross foundation who could erect a philosophy? (109)

In dieser Welt haben Fakten immer einen absolut persönlichen Charakter. Alles Persönliche jedoch hat dort nichts zu suchen. Denn das Persönliche bringt die Zivilisation nicht weiter. Daher haben Fakten ebenfalls keinen Stellenwert. Das Ziel der Abkkehr von Fakten wird in diesem Zitat, in dem das wissenschaftliche Ideal zusammengefasst wird, noch einmal deutlich:

And in time […] there will come a generation that has got beyond facts, beyond impressions, a generation absolutely colourless, a generation seraphically free [f]rom taint of personality […]. (101, Hervorhebung im Original)

Der Kontakt zur Erdoberfläche soll somit vermieden werden. Die Hauptfigur Vishtu sagt, als sie bei einem seltenen Ausflug im Flugzeug die Berge sieht: „The mountains give me no ideas.“ (97) Aber ich hoffe, dieser Blogbeitrag hat ein paar Ideen für eine Kurzgeschichte zum Thema Zukunft geliefert.

Forsters Kurzgeschichte ist übrigens aus dem Jahr 1909. Umso faszinierender ist es vor diesem Hintergrund, dass er schon von einer Art Internet spricht, mit dessen Hilfe Video-Anrufe möglich sind.

Die zitierten Seiten beziehen sich auf folgenden Band: Forster, E.M.: The Machine Stops and other stories. Abinger Edition 7. Edited Rod Mengham. 1997.

Acht Wege, um Spannung in euren Text zu bringen

Ihr kennt das sicherlich alle: ihr lest einen Roman und wollt gar nicht mehr mit dem Lesen aufhören. Nur ein Kapitel noch. Nur eines noch. Ihr seid aufgeregt und wollt wissen, was als nächstes passiert, wann ein bestimmtes Ereignis eintritt, wie ein Konflikt aufgelöst wird, warum eine Figur auf eine bestimmte Art und Weise gehandelt hat oder wer denn nun der Täter in einem Kriminalfall ist. Ihr seid gespannt. Stellt euch ein Gummiband vor, an dem ihr zieht und es dann festhaltet: Es steht unter Spannung, es enthält Energie, die es in dem Moment, in dem ihr es loslasst , durch die Luft sausen lässt. In Erwartung dieser Entladung von Energie lesen wir auch Texte und dabei ist nichts zufällig. Wenn ihr euch einmal nach der Lektüre eines für euch spannenden Textes fragt, warum ihr ihn eigentlich so spannend fandet, werdet ihr bei erneuter Betrachtung feststellen, dass der Autor bestimmte Verfahrensweisen eingesetzt hat, um bei euch dieses Gefühl der Anspannung und Erregung zu erzeugen. Das zu reflektieren kann sehr lehrreich für das eigene Schreiben sein, und auch wenn es kein Patentrezept dafür gibt, einen Leser an seinen Text zu bannen, kann das Wissen um die Techniken des Spannungsaufbaus zweifellos dabei helfen und ein nützlicher Baustein für den eigenen Text werden, auch dann, wenn man nicht Krimis oder Thriller schreibt. Es folgen acht Möglichkeiten, Spannung in euren Text zu bringen.

Vorausdeutungen einsetzen

Eine sehr grundsätzliche Technik: Verharrt nicht in euren Szenen, sondern lasst euren Erzähler oder eure Figuren auf ein zukünftiges Ereignis verweisen, es zu erwarten, anzukündigen, zu prophezeien, auf es hinzuarbeiten und erzeugt so eine Erwartung, dass dieses Ereignis auf die ein oder andere Art eintreten wird. Ihr müsst dabei nicht zu spezifisch sein, nicht jedes Detail muss im Moment der Erwähnung erklärt werden. Die bloße Tatsache, dass ein bestimmtes Ereignis erwähnt wird, sorgt dafür, dass dieses beim Leser im Hinterkopf schwirrt und ihn fragen lässt, wann, wie, warum es sich ereignet, was für Konsequenzen daraus hervorgehen und welche Bewandtnis es für die Erzählung hat. Messt ihm Wichtigkeit bei und der Leser wird diese Wichtigkeit spüren. Es muss dann freilich nur auch die Auflösung kommen, das Ereignis eintreten und Befürchtungen wahr werden lassen, sie gar noch überbieten oder eine Wendung eintreten lassen, die einen das ganze in anderem Licht sehen lässt. In jedem Fall muss es wieder aufgegriffen werde, sonst ist die Mühe umsonst.

Denken wir, um ein Beispiel zu bringen, an den ersten Satz von Gabriel García Márquez‘ Roman Chronik eines angekündigten Todes:

Auf einen Höhepunkt hinschreiben

Dieser Beispielsatz ist auch instruktiv für den zweiten Weg: Schreibt auf einen Höhepunkt hin, bei einer kurzen Erzählung ist der am besten auch das vorausgedeutete Ereignis, um die Handlung nicht zu sehr zu verkomplizieren. Das ist in dem Beispiel von dem Roman von García Márquez der Mord an Santiago Nasar, den wir nun die ganze Lektüre über erwarten. Wir wissen in diesem Moment nicht, wie er geschieht, nicht wann er geschieht, und auch nicht durch wen. Das sind Fragen, die uns beschäftigen und uns weiterlesen lassen. Ein Höhepunkt kann dabei alles Mögliche sein, eine große Schlacht, ein Streitgespräch, ein Aufbruch in ein unbekanntes Land, eine Hochzeit, ein Abschied, ein Tod, ein Mord, ein Schicksalsschlag, ganz egal, aber das ist der Moment, von dem wir erwarten, dass er unsere Anspannung auflösen wird und uns Antworten auf unsere Fragen gibt, der Moment, auf den wir hinfiebern, sofern wir schon früh merken, dass die Geschichte darauf hinausläuft. Den Ausgang dieses Höhepunkts dann, bis er tatsächlich eintritt, nicht vorwegzunehmen, lässt die Leser gespannt weiterlesen.

Die Handlung einsetzen lassen, ohne sie einzuordnen oder zu erklären

Auch der dritte Weg spiegelt sich in unserem Beispielsatz wider, er dreht sich um die Fragen in den Köpfen der Leser. Warum soll Santiago Nasar ermordet werden, durch wen, zu welcher Stunde, mit welchen Mitteln, und wird es gelingen? Wir wissen es nicht. Klar, die Geschichte wäre auch dann noch spannend, wenn wir einiges davon wüssten, nur müssen Fragen im Kopf der Leser übrig bleiben, deren Antwort er sich im Laufe der Geschichte erhofft. Viele Kriminalgeschichten arbeiten so: Sie werfen Fragen auf, indem sie Ereignisse schildern und Figuren mit diesen konfrontieren – Ein Mord, eine Entführung, ein Raub – erklären diese aber nicht sofort in ausführlichen Schilderungen der konkreten Geschehnisse, der Psyche der Beteiligten und der gesellschaftlichen und persönlichen Umstände, sondern wenn überhaupt nur Schritt für Schritt. Oft lassen sie die Hauptfigur selbst (oder einen ahnungslosen Assistenten) als Stellvertreter für den Leser Schritt für Schritt Antworten auf die aufgeworfenen Fragen suchen und finden. Lasst Fragen also bewusst offen, um sie Schritt für Schritt oder im Nachhinein erst zu beantworten, manche vielleicht auch gar nicht. Eine Geschichte will nicht erklärt, sondern erzählt werden.

Auflösungen hinauszögern

Seid ihr in eurer Erzählung an dem Punkt angekommen, an dem bestimmte Fragen beantwortet, an dem ein Konflikt ausgetragen wird oder ein Schicksalsschlag eintritt, kann es effektiv sein, den Moment der Entladung hinauszuzögern. Stellen wir uns die Situation in einem Krimi vor: Ein Ermittler hat den Tatort begutachtet, die Zeugen befragt, die Ergebnisse der forensischen Untersuchung abgewartet und weiß nun, wer der Täter ist. Er ruft vielleicht, wie Agatha Christies Hercule Pierot das gerne tut, alle beteiligten zusammen und statt direkt zur Sache zu kommen und den Täter zu benennen, setzt er uns erstmal ausführlich auseinander, wie sich die Tat konkret ereignet hat und welche Rolle welche Beteiligten wann wie warum gespielt haben. Auch das kann spannend sein, aber die brennende Frage, die in der Szene beantwortet werden soll, ist die nach der Identität des Täters und sie lässt weiter und weiter auf sich warten und treibt uns durch die Aufdröselung des ganzen Falles. Strapaziert also ruhig ein wenig die Nerven eurer Leser. Man kann es im Anschluss daran dabei bewenden lassen und die Erzählung abschließen, soll es aber weitergehen und es war nicht die Auflösung der gesamten Geschichte, so ist es ratsam, gleichzeitig neue Fragen aufzuwerfen und eine Wendung einzubauen, die die Erzählung in eine neue, vielleicht sogar gänzlich unerwartete Richtung lenkt. Das wäre mein vierter Weg.

Erzählte Zeit dehnen

Stellen wir uns für den fünften Tipp folgende Situation vor: Zwei Kontrahenten stehen sich im Duell gegenüber. Wir erwarten, dass einer verletzt wird, vielleicht auch stirbt, und wissen nicht wer. Freudig aufgeregt lesen wir und wollen den Ausgang erfahren. Wir haben vielleicht eine oder beide Figuren zuvor über ein paar hundert Seiten verfolgt und wissen, dass das der entscheidende Moment der Geschichte ist. Und der Erzähler beschreibt erstmal ihre Gesichtsregungen, das Getuschel der Sekundanten, die Gluthitze des schicksalhaften Tages, die knisternde Atmosphäre in penibelster Kleinlichkeit und lässt uns zappeln. Unerträglich, jedes Detail bekommt plötzlich Gewicht, während wir das unvermeidbare Ereignis langsam am Horizont auf uns zuschreiten sehen.

Den Leser mehr wissen lassen, als die Figuren

Für den sechsten Weg verweise ich schlicht auf Alfred Hitchcock, der 1970 in einem Gespräch mit dem American Film Institute den Unterschied zwischen Surprise und Suspense anhand einer Analogie erläuterte und erklärte, wie man letzteres erzeugt. Wir nehmen an, zwei Leute sitzen an einem Tisch und reden miteinander, während sich darunter eine Bombe befindet. Die Personen wissen davon nichts. Weiß der Leser davon auch nichts, explodiert sie und wir sind überrascht. Weiß der Leser, dass sie da ist, dass sie um Punkt 13 Uhr explodieren wird und sieht im Hintergrund eine Uhr auf 12:59 Uhr, dann ist das suspense, Spannung. Lasst eure Figuren in Gefahrensituationen im unklaren, während ihr den Leser von der Gefahr wissen lasst, sie ihn erwarten und ständig spüren lasst.

Motivation der Figuren verschleiern

Lasst eine Figur handeln, am besten auffällig, vielleicht extrem oder unerwartet, ein plötzlicher Gefühlsausbruch, eine Gewalttat, mutwillige Zerstörung, irgendwas, aber erklärt nicht, warum sie auf eine bestimmte Art und Weise handelt. Das macht den Leser neugierig darauf, es herauszufinden: Warum tut die Figur das, warum reagiert sie so? Wir unterstellen, dass es einen Grund gibt, vor allem wenn die Person ansonsten rational erscheint und den Anschein macht, irgendwelche Ziele zu verfolgen, aber wir können nicht den Finger draufhalten und erwarten einen Grund, der vielleicht ja im Laufe der Erzählung zutage treten wird. Dieser Ansatz eignet sich besonders gut für Antagonisten, bei Hauptfiguren muss man da vielleicht etwas vorsichtiger sein.

Mit Rückblenden rekontextualisieren

Der letzte Weg fügt sich gewissermaßen an die vorigen beiden an: Wenn sich zwei Figuren am Tisch gegenübersitzen und unschuldig über das Wetter reden, was wäre dann, wenn wir im nächsten Absatz in einer Rückblende erfahren, dass der eine das Kind der anderen entführt hat. Das verändert die Dynamik des Gesprächs und erzeugt in uns die Vorstellung, dass a) dieses unschuldige Gespräch nur Fassade ist und b) es mit einer Konfrontation, einem Knall enden wird. Dinge auf eine bestimmte Art in die Erzählung einzuführen, um dann herauszustellen, dass sich etwas ganz anderes hinter ihnen verbirgt, lässt den Leser das Brodeln unter der Oberfläche in jeder Szene und jedem Satz spüren. Bringt man es hier zur Meisterschaft, kann man den Leser über einen ganzen Roman hinweg bei der Stange halten, indem von Rückblende zu Rückblende ein neues Licht auf die Geschichte und ihre Figuren geworfen wird. Hier verweise ich auf den Roman Kommt ein Pferd in die Bar von David Grossman, der einen einzelnen Auftritt des Bühnenkomikers Dovele erzählt und langsam seine verschiedenen Wesensschichten herausschält und den Leser dabei gleichermaßen verzückt wie verstört.

Es gibt noch eine Menge anderer Wege, um Spannung im Großen wie im Kleinen zu erzeugen, aber für den Anfang sind diese Acht eine solide Grundlage. Recherchiert ihr ein bisschen im Internet, findet ihr schnell wesentlich umfassendere Anleitungen und Tipps dazu, es scheint ein dringendes Bedürfnis vieler Leser und Schreiber zu sein. Werdet ihr in eurer Erzählung für den Schreibwettbewerb von solchen Schreibtechniken Gebrauch machen? Oder soll der Fokus bei euch gar nicht auf der Spannung liegen und ihr wollt uns auf anderem Wege begeistern? So oder so sind wir gespannt auf eure Einsendungen.

Inspiration – Lustige Prompts, um endlich mal wieder was zu schreiben

Ein Wohnzimmer ist abgebildet. Mehrere Augen sind über die Möbel verteilt.
Bild: KI Dall-E, Bearbeitung Nora Hille


Es gibt über 300.000 Worte in der deutschen Sprache und wenn man nur lange genug darüber nachdenkt, kann man sicher mit den meisten von ihnen einen grammatikalisch korrekten Satz beginnen. Wie soll man sich da für eins entscheiden, das den eigenen Text eröffnet?

Letzte Woche haben wir über die gefürchtete Schreibblockade gesprochen und über Wege, sich selbst eine kleine Trittleiter zu bauen, um darüber zu klettern. Heute geht es um konkrete Schreibübungen, die ihr ausprobieren könnt, um einfach mal wieder loszulegen.
Ein Grund dafür, dass das leere, weiße Blatt vor einem oft so beängstigend scheint, ist die schier unendliche Fülle an Möglichkeiten, die sich einer schreibenden Person auftun. Manchmal können Einschränkungen der Schlüssel dafür sein, endlich anzufangen. Deshalb macht man Flashfiction oft mit Prompts, also Aufforderungen, oder besser noch, Einschränkungen.

Bei unserem Schreibwettbewerb haben wir bereits ein Thema vorgegeben, aber es gibt immer noch viele verschiedene Wege über die Zukunft zu schreiben. Sich selbst Regeln zu setzen, kann den Stress nehmen, den einen perfekten Ansatz zu finden. Plötzlich ist die Menge an Möglichkeiten begrenzt und manchmal scheinen die Vorgaben so restriktiv, dass man plötzlich nur noch eine einzige Chance sieht, daraus noch etwas Brauchbares zusammen zu formulieren. Ich habe hier eine Liste meiner liebsten Schreib-Prompts zusammengestellt, die alle den Text auf eine syntaktische, semantische, abstrakte oder konkrete Weise einschränken. Es gibt ganz unterschiedliche Präferenzen auf dem Spektrum von Freiheit und Beschränkung und man kann die folgenden Ideen wild miteinander kombinieren und natürlich auch immer abwandeln, um sie an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. 

Schreibe einen Text, der die folgenden drei Worte beinhaltet oder als Motiv aufnimmt: Verrat, Pusteblume und Untermieter. Diese Worte sind natürlich willkürlich gewählt und sollten ausgetauscht werden. Sollten sich andere Menschen in unmittelbarer Umgebung befinden, empfiehlt es sich diese aufzufordern, das erste Wort zu äußern, das ihnen einfällt. Alternativ kannst du dir eine Zahl zwischen eins und 30 überlegen, das Lieblingsbuch auf einer zufälligen Seite öffnen und das erste Nomen auswählen, das sich in der jeweiligen Zeile befindet. Ansonsten gibt es im Internet eine Fülle an Wortgeneratoren.

Schreibe einen Text, der mit dem gleichen Satz beginnt und endet, wobei sich seine Bedeutung  allerdings verändert. Der Vorteil von diesem Prompt ist, dass man eine schöne, runde Textstruktur genauso kostenlos mitgeliefert bekommt, wie die unvermeidliche Entwicklung, durch die geforderte Veränderung. Texte, die durch ein Motiv gerahmt werden, und Texte, in denen etwas passiert, sind häufig reizvoll zu lesen.

Schreibe einen Text, der genau 100 Worte enthält. Hier muss man plötzlich jedes Wort auf die Goldwaage legen. Ist es notwendig? Oder streichen wir einfach den ganzen Satz? Dann hätten wir noch Platz für ein paar Adjektive am Ende. 100 Worte sind nicht viel und plötzlich merkt man, dass literarische Sätze ganz im Gegensatz zu den Lehren der Grundschule auch mal ohne Verben auskommen. Natürlich lässt sich dieser Prompt beliebig anpassen – die im Wettbewerb geforderten 6.000 bis 20.000 Zeichen sind in der deutschen Sprache durchschnittlich zum Beispiel ungefähr 2.000 Worte. Man kann, wenn man die Herausforderung sucht, aber natürlich auch mal versuchen eine genaue Anzahl Zeichen zu verwenden.

(In den meisten Textverarbeitungen, könnt ihr übrigens einen Textabschnitt einfach markieren und die Anzahl der Worte wird euch in der Leiste ganz unten links angezeigt. Um die Anzahl der Zeichen auszulesen, müsst ihr auf die dort angegebene Wortanzahl klicken und ein Pop-Up-Fenster mit den Informationen öffnet sich. Bei MS-Word könnt ihr auch unter ‚Überprüfen‘ auf ‚Wortanzahl‘ gehen. Bei LibreOffice findet sich der selbe Befehl wenn ihr unter ‚Extras‘ auf Wörterzählen‘ klickt.)

Schreibe einen Text aus der Perspektive eines Gegenstands. Hier kann man üben, neue Blickwinkel einzunehmen. Hat ein Gegenstand einen Charakter, eine Meinung, ein Motiv? Und woher ergibt sich dieses? Außerdem stellt sich die Frage, wie der Gegenstand die Welt wahrnimmt. Sind seine Sinne überhaupt mit unseren zu vergleichen? Kann ein Gegenstand in der Geschichte aktiv werden? Oder wird er nur durch andere Personen, Tiere oder Wetterphänomene bewegt? Die Personifikation von Dingen hat eine lange Geschichte in der Literatur und diese Übung führt einem vor Augen warum.

Schreibe einen Text, ohne visuelle Beschreibungen. Als Menschen verlassen wir uns oft auf unsere Augen, aber ein guter Text spricht alle Sinne an. Die meisten Adjektive beziehen sich auf sichtbare Eigenschaften, aber wie fühlt sich etwas an? Wie riecht, schmeckt oder klingt es?

Schreibe einen Text, in dem jeder Satz mit dem nächsten Buchstaben im Alphabet beginnt. Auch wenn dieser Prompt auf den ersten Blick schwierig umzusetzen scheint, kann die Einschränkung einem sehr dabei helfen, eine Geschichte voranzutreiben. Beim Impro-Theater wird diese Übung ebenfalls oft verwendet, um Szenen zu entwickeln. „C“ ist zum Beispiel kein besonders einfacher Buchstabe, da wenige deutsche Worte mit diesem beginnen. Daher kann er bei Bedarf auch übersprungen werden. Ebenfalls Buchstaben wie „Q“, „X“ und „Y“ sind von dieser erhöhten Schwierigkeit betroffen. Freilich, die Satzstruktur und Wortwahl leidet manchmal unter der Regel, aber lustig ist dieser Prompt definitiv! Ganz viel Erfolg!

Schreibe einen Text mit einem zufälligen ersten Satz. Wie kommt man auf diesen Satz? Man schlägt ein Buch auf und nimmt den ersten vollen Satz auf der Seite. Man nimmt den letzten grammatikalisch vollständigen Satz, den man per Textnachricht versendet hat. Man sucht sich einen anderen Menschen und fragt nach. Oder man nutzt einen Generator im Internet. Wenn man wirklich gar nicht damit anfangen will, kann man den Satz auch an einer anderen Stelle in den Text einbinden.

Schreibe eine Szene aus einem Film oder einer Serie als Text. Wenn ihr keine Ideen habt, aber Schreiben als Handwerk üben wollt, könnt ihr euch Plot, wörtliche Rede und Aussehen von Personen und Orten auch mal ausborgen. Kameras und Mikrofone fangen eine Unmenge an Informationen ein und ihr müsst entscheiden, was für den Leser wirklich wichtig ist, um die Szene zu verstehen, aber auch um ein Gefühl für die Situation mitzunehmen. In geschriebenen Texten ist außerdem Platz für innere Monologe, subjektive Interpretationen der Charaktere, Erinnerungen, Geruch, Geschmack und Sensorik. Diese Übung ist besonders lustig, wenn ihr sie in einer Gruppe macht und die Ergebnisse vergleicht – Schreibende setzen ihren Fokus immer anders.

Schreibe einen Text komplett ohne Adjektive und Adverbien. Ein großer Mensch ist ein Riese. Statt schnell zu laufen kann man rennen. Oft sind Adjektive und Adverbien nicht so notwendig, wie man im ersten Moment denkt und ein Text, der in weniger Worten mehr sagt, ist oft interessanter zu lesen.

Für noch mehr Ideen könnt ihr euch natürlich immer im Internet umgucken. Manchmal ist durch eine kleine Übung die Blockade gebrochen und danach läuft das Schreiben wieder ohne Probleme weiter. Auch wenn das Ergebnis von solchen Schreibübungen nicht immer direkt veröffentlichungswürdig ist, findet man in dem Prozess oft Ideen, die es irgendwann werden. Vielleicht ist es ein Satz mit cleverer Formulierung, ein Charakter mit interessanten Schwächen oder ein Konzept, dass einfach in einem 500 Seiten Roman erkundet werden muss – oder in einer Kurzgeschichte über die Zukunft.

Inspiration – Wie klettere ich über eine Schreibblockade?

Eine Hand hält einen violetten Stift mit einer Einhornfigur am Ende und hat bereits die Worte "Schreibwettbewerb Zukunft schreiben" geschrieben. Ansonsten ist das Blatt leer. Im Hintergrund ist eine Tasse zu sehen.
Bild: Nora Hille

Schreiben macht Spaß – die Worte sprudeln nur so aus dir heraus, fließen auf die Seite, erschaffen neue Welten, Charaktere und Wirklichkeiten. Manchmal ist alles so einfach, die Finger fliegen über die Tastatur oder der Stift tanzt über das Blatt, hektisch versuchend dem Strom aus Gedanken gerecht zu werden.

Und dann sitzt du plötzlich da und hast keine Ideen mehr. Das leere Weiß starrt einen vorwurfsvoll an. Finger trommeln auf der Tischplatte und Augen beginnen verloren durch den Raum zu wandern. Manchmal traust du dich tagelang nicht zum Schreiben zurückzukehren – wochenlang – oder monatelang, aus Angst vor diesem unerträglichen Gefühl der Hilflosigkeit. Dem Erzfeind der Kreativen. Der Schreibblockade. Und dann taucht diese Stimme im Hinterkopf auf und fragt: Kann ich Schreiben wirklich als meine Passion beschreiben, wenn ich so lange nichts mehr zu Papier gebracht habe?

Am Anfang eines Textes steht immer eine Idee. Irgendetwas, das Feuer fängt und einen Haufen Synapsen im Gehirn aufleuchten lässt. Aber wie kommt man dahin? Wie lässt man etwas in der eigenen Kreativität entflammen?

Weil ich mich selbst schon oft mit dieser Frage beschäftigen musste, will ich in diesem Blogbeitrag beschreiben, welche Tipps und Strategien mir geholfen haben und dir hoffentlich ein bisschen Inspiration mitgeben, falls du noch ratlos vor der Datei „Career Service Schreibwettbewerb Zukunft“ sitzt.

Zuerst einmal ist es wichtig zu verstehen, dass du nicht allein bist. Leider ist die Erfahrung, vor einer Schreibblockade zu stehen, fast genauso universell, wie die Freude daran, aus Worten Kunstwerke zu erschaffen. Oft wird man genau in den Momenten zum abrupten Stillstand gebracht, in denen man sich endlich mal Zeit freigeschaufelt hat, um sich ganz aufs Hobby zu konzentrieren.

Und wenn dann die Bachelorarbeit, ein Umzug und ein total wichtiges Bewerbungsgespräch gleichzeitig anstehen, schwirren einem die Ideen nur so im Kopf herum und man findet keine freie Minute, um sie aufzuschreiben.

Das ist natürlich kein Zufall, sondern der Tatsache geschuldet, dass sich Inspiration vorwiegend in Erlebnissen findet. An einem geschäftigen Tag ist man mit Millionen von Reizen konfrontiert. Man beobachtet wie ein junges Mädchen ein 2€-Stück findet, schnappt Gesprächsfetzten von einem Streit auf, riecht etwas, was einen an die Sommerferien in der Kindheit erinnert oder fasst aus Versehen in ein frisches Kaugummi an der Tischunterseite – kurz Eindrücke und Emotionen prasseln nur so auf einen ein. Die Wahrscheinlichkeit, dass etwas hängen bleibt und diese Ideen-Kettenreaktion in Gang setzt, die alle schreibenden Menschen so lieben, ist einfach höher.

Tipp 1: Im Alltag mitschreiben

Oft hat man im Alltag aber keine Zeit ein Szenario zu Ende zu denken und alle möglichen Arten, mit denen der eigene Lieblingscharakter auf das gerade Erlebte reagieren könnte, zu erkunden. Deshalb ist die wichtigste Regel, die ich mir selbst gesetzt habe: Alles sofort aufschreiben.
Mit Ideen ist es wie mit Träumen oder der Information, was man noch Einkaufen wollte. Kurz nach dem Aufwachen und wenn man vor dem offenen Kühlschrank steht, kommt einem alles so real und aktuell vor, dass der Gedanken, man könnte es vergessen, absurd scheint. Doch schon beim Frühstück sind die Details von Träumen oft wie weggespült und hinterlassen nichts als einen vagen Eindruck von dem Gefühl, das man hatte, als der Wecker klingelte. Und fast jeder Mensch muss irgendwann einsehen, dass Einkaufslisten notwendig sind.

Häufig wusste ich abends noch genau, dass ich am Tag einen wirklich interessanten Einfall gehabt hatte, aber worum es dabei ging, war mir ein Rätsel. Seit fast sieben Jahren habe ich daher in der Notizenapp auf meinem Handy eine Datei, in der ich alle Formulierungen, Plot-Strukturen und Regeln für Fantasy-Magiesysteme sammele, die sich in der Bahn, während Vorlesungen oder in Gesprächen plötzlich unverhofft in meinem Kopf breit machen.

Wenn man diese Sammlungen nun auch noch sortiert – nach Art, Genre oder Verwendungszweck – hat man einen guten Ansatz, um im Falle einer Schreibblockade auf ein bisschen konservierte Inspiration zurückzugreifen. (Ich habe meine Notizdatei natürlich nicht sortiert, aber ich nehme es mir seit ungefähr 6 Jahren und 11 Monaten vor.)

Tipp 2: Dinge erleben

Beim ersten Tipp handelt es sich um ein längerfristiges Projekt. Ganz konkret und spontan kannst du auch einfach mal einen Spaziergang machen, Freunde treffen oder ein bisschen im Bus rumfahren, um in der Umwelt Inspiration zu finden. Dabei hilft es dir dann bewusst auf die kleinen Dinge zu achten: Wie riecht etwas? Wie fühlt es sich an? Welche Farben haben die Schriftzüge auf den Werbeplakaten? Und welche die Kiesel auf dem Boden? Was hörst du, wenn du die Augen zu macht…?

Am besten hat man seine Schreibutensilien dabei und erlaubt sich selbst in dem Moment loszuformulieren, in dem einen die Inspiration überkommt.

Tipp 3: Medien bewusst konsumieren

Glücklicherweise muss man heutzutage aber auch nicht einmal das Haus verlassen, um sich selbst mit neuen Eindrücken zu konfrontieren. Dank Streaming und dem Internet, kann man sich ganz bequem von zu Hause mit Filmen, Serien und Büchern ausstatten, die alle ihre eigenen Geschichten erzählen und hoffentlich die ein oder andere Emotion in einem auslösen. Für Empfehlungen im Bereich Science-Fiction könnt ihr gerne die anderen Beiträge auf diesem Blog durchstöbern. Aber auch in den Lieblingsmedien, die man schon des Öfteren konsumiert hat, lassen sich häufig Motive und Themen entdecken, zu denen man schon immer etwas sagen wollte. Hinterfragt, warum euch Charaktere wichtig sind, ihr Konflikte interessant findet oder Szenen immer wieder lesen oder gucken könntet. Welche Schauplätze mögt ihr und wie werden sie beschrieben? Was sind Formulierungen, die Dialoge einzigartig machen? Welche Hindernisse stehen den Helden im Weg und wie wird Spannung erzeugt und gehalten?

Tipp 4: Pausen erlauben

Oft baut das Gefühl, endlich mit den Schreiben anfangen zu müssen, es aber einfach nicht zu können, Druck auf. Euch selbst zu erlauben, sich eine Stunde lang mit etwas anderem zu beschäftigen, während ihr im Hinterkopf weiter über eure Idee nachdenkt, kann die Situation auflockern.

Tipp 5: Flashfiction schreibe

Druck kann aber auch zu einem positiven Ergebnis beitragen. Zum Beispiel Zeitdruck. Stellt euch einen Timer für zehn Minuten und versucht bis zum Ende der Zeit einen abgeschlossenen Text zu produzieren. Plötzlich hat man gar keine Möglichkeit mehr lange über Formulierungen nachzudenken – die Worte müssen einfach raus, so schnell wie möglich. Dieses extrem kurze Genre wird auch „Flashfiction“ genannt und hilft vielen Menschen ein paar Ideen aus dem Ärmel zu schütteln. Es ist ein Wundermittel gegen Perfektionismus, denn nach zehn Minuten kann schließlich niemand ein Meisterwerk erwarten, oder?

Tipp 6: Schließt euch zusammen!

Erwartungen können jedoch auch hilfreich sein: Oft ist man als schreibende Person nur sich selbst verpflichtet und ob man heute wirklich was schreibt, oder dann doch nur die Wäsche macht, bekommt niemand mit. Trefft euch mit gleichgesinnten Freunden. Schreibt Flashfiction gemeinsam, lest sie danach vor und kommentiert sie. Redet über eure Ansätze, lasst euch voneinander inspirieren und arbeitet mit Feedback weiter. Und legt euch gegenseitig Rechenschaft ab. Fragt nach „Und wie weit bist du gekommen? Darf ich schon mal rüber lesen? Wann ist die erste Version fertig?“

Diese 6 Tipps haben mir in der Vergangenheit geholfen, mir eine kleine Leiter zusammenzuzimmern mit der ich die eine oder andere Schreibblockade erklimmen konnte. Probiert es einfach selber mal aus und findet dabei euren eigenen Weg. Im nächsten Beitrag geht es dann noch um ein paar konkrete Tipps für Schreibaufgaben, die sich für das Flashfiction Format, allerdings auch für längere Projekte eignen.

Schreibinspiration/Lesetipp #2 – Kazuo Ishiguro: Klara und die Sonne

So beginnt Kazuo Ishiguros jüngster, 2021 erschienener Roman Klara und die Sonne, der aus der Ich-Perspektive von Klara, einer KF (Künstliche Freundin), einen neuen Blick auf das aufwirft, was wir Menschlichkeit nennen und wie wir diese zu verlieren drohen. Dabei spielt der Roman in einer nicht näher spezifizierten dystopischen Zukunft, extrapoliert aber, wie in der Science-Fiction üblich, gegenwärtige gesellschaftliche Entwicklungen und Phänomene, um so letztlich einen Blick auf uns zurückzuwerfen und uns mögliche Konsequenzen eben dieser eindrücklich vor Augen zu führen.

Interessanterweise wird das Thema der künstlichen Intelligenz, ob es nun tatsächliche Intelligenz ist oder nicht, ob sie den Menschen nun überflüssig macht oder nicht, ob sie uns nun Beziehungen vorspielt und eigentlich von uns und unseren Mitmenschen isoliert und vereinsamen lässt oder nicht, wenn überhaupt nur am Rande angesprochen. Klara mag zwar die Hauptfigur und Erzählerin des Romans sein, aber um sie geht es in dem Roman überhaupt nicht, sie ist ein Medium, durch das die eigentlichen Themen von sozialer Kälte und Optimierungszwang, aber auch von Hoffnung und Menschlichkeit vermittelt werden.

Es ist erstaunlich, wie gerade der perspektivische Filter einer nicht menschlichen Figur, die versucht, sich einen Reim auf die menschliche Welt zu machen und sich diese zu erklären, auch durch ihre kindliche, naiv anmutende Sprechweise, ein so beklemmendes Bild von uns und unserem Umgang miteinander zeichnen kann und dabei gerade nicht in Nihilismus oder Zynismus verfällt. Ich denke, ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass Klara eines Tages gekauft wird und den Laden, in dem sie sich eingangs befindet, verlässt, um die KF von Josie zu werden, einem kränkelnden 14-jährigen Mädchen, dem sie als Gefährtin zur Seite stehen soll. Dabei verschlechtert sich Josies Zustand im Verlaufe der Geschichte immer weiter und Klara sucht auf ihre eigene Art nach einem Weg der Heilung für sie.

Ihr merkt, ich versuche möglichst wenig Details preiszugeben. Das rührt daher, dass ich glaube, dass der Roman seine größte Kraft entfaltet, wenn er einen unvorbereitet trifft. Wenn man wie Klara versucht, sich die Welt des Romans zu erklären und nicht bereits weiß, was dort vor sich geht. Deshalb schweige ich zum weiteren Inhalt. Lasst euch abschließend nur gesagt sein, dass euch dieses Werk, wenn ihr es schafft euch richtig darauf einzulassen, nachhaltig beeindrucken und lange beschäftigen wird. Es ist eines der Bücher, die man in seinem Kopf lange mit sich rumträgt, auch wenn man es schon längst zugeklappt hat. Und für das eigene Schreiben ist es ein wunderbares Fallbeispiel dafür, wie stark der Einfluss einer bestimmten Erzählperspektive, wenn man diese nur konsequent einnimmt, auf den fertigen Text, seine Atmosphäre, seine Sprache, seine Eindrücke, seine ganze Wirkung sein kann. Ich möchte euch deshalb ermutigen, in euren Texten ganz bewusst die Perspektive zu wählen, mit der ihr glaubt eure Geschichte und die darin transportierten Themen, Bilder, Gefühle und Gedanken am wirkmächtigsten ausdrücken zu können.

Klara und die Sonne ist in der deutschen Übersetzung von Barbara Schaden beim Blessing-Verlag erschienen. Die englische Originalfassung wurde bei Faber&Faber publiziert.

Typographie, Tastenkürzel, Typefacts

Wusstet ihr, dass die öffnenden Anführungszeichen im Englischen den schließenden Anführungszeichen im Deutschen entsprechen? Oder, dass man Guillemets im Französischen nach außen zeigend, im Deutschen aber nach innen zeigend nutzt? Jetzt wisst ihr es. Das und noch mehr zu Zeichen, Fonts und Tastaturkürzeln könnte ihr auf der Seite Typefacts.com lernen. Das ist auf jeden Fall einen Blick wert, um über die kleinen Feinheiten der digitalen Schrift aufgeklärt zu werden und bestimmte Fehler zu vermeiden, die oft auch von Leuten begangen werden, die es eigentlich besser wissen sollten. Also nutzt diese Seite als Hilfsmittel, um in eurem Text stets die richtigen Zeichen zu setzen. Aber selbst wenn ihr keinen Beitrag für unseren Wettbewerb einreicht, hilft die Seite euch bei Seminararbeiten oder im Berufsleben, um Zeichen und Kürzel parat zu haben und zu wissen, welche ihr wann und warum gebraucht.

Die Webseite findet ihr unter folgendem Link: https://typefacts.com/

Schreibinspiration/Lesetipp #1 – Stanisław Lem: Solaris

Diese berühmten Sätze aus dem 1961 erschienen Romanklassiker Solaris von Stanisław Lem geben eine Antwort auf die Frage, warum die Menschheit das Weltall erforscht und den Kosmos durchreist. Es ist die Antwort von Snaut, einem der Forscher auf der Solaris-Forschungsstation, die über dem titelgebenden Planeten schwebt und von der aus das Verhalten eines merkwürdigen Ozeans auf dessen Oberfläche untersucht werden soll.

Suchen wir im Fremden letztlich nur uns selbst, einen Spiegel, um uns unserer Selbst zu vergewissern? Können wir mit dem, was uns völlig fremd bleibt, überhaupt etwas anfangen, entzieht es sich uns nicht völlig? Das sind tiefgreifende Fragen, über die man lange nachdenken kann und sie bilden das Hauptmotiv des Romans. Sowohl auf zivilisatorischer Ebene, durch der Erforschung des fremden Planeten, als auch auf persönlicher, zwischenmenschlicher Ebene, durch die Beziehung zwischen dem Ich-Erzähler Kris Kelvin und seiner eigentlich vor Jahren verstorbenen Frau Harey, die plötzlich auf der Raumstation auftaucht, dreht sich das Geschehen um das Verhältnis zum Anderen und um die (unmögliche) Kommunikation mit eben diesem.

Die Lektüre des Romans lohnt sich sicherlich als Anregung, um darüber nachzudenken. Man kann das aber auch ausblenden und unvoreingenommen einen kanonischen Text der Science-Fiction-Literatur kennenlernen. Es ist sicherlich keine ausschließlich unterhaltende Lektüre, denn es gibt auch ausgedehnte Passagen über die Forschungsgeschichte des Planeten, die man dröge finden kann. Auch der Umgang mit den Frauenfiguren wird einigen befremdlich und kritikwürdig erscheinen, so beispielsweise, wenn die Hauptfigur seine Frau ständig mit „mein Kind“ anspricht. Trotzdem bleibt der Roman nicht zu Unrecht ein Klassiker, der ein universelles Thema auf vielschichtige Weise behandelt und aus dem man einiges ziehen kann.

Gleichzeitig kann man die obigen Sätze auch auf einer Metaebene auf die Literatur beziehen. Was suchen wir, wenn wir Texte über eine fremde Zeit, ein fremdes Land, einen fremden Menschen, eine fremde Welt lesen? Wirklich nur uns selbst im Fremden, oder doch etwas anderes? Suchen wir überhaupt? Ich denke, diese Fragen kann man sich stellen, wenn man solche Texte liest, aber auch und vielleicht vor allem, wenn man sie schreibt. So hilft die Lektüre vielleicht auch dabei, um zu sehen, wie man mit etwas so fremd scheinendem wie der Zukunft ein doch menschliches, universelles Thema bearbeiten und davon erzählen kann.

Werdet ihr uns mit euer Geschichte auch einen Spiegel vorhalten? Oder widersprecht ihr dieser Philosophie und haltet solche Gedankenspiele für Zeitverschwendung? Gibt es für uns im Fremden mehr als nur uns selbst und ihr möchtet davon erzählen? Wir sind gespannt auf eure Einsendungen, die Details findet ihr im angepinnten Beitrag.

Solaris ist in der deutschen Übersetzung von Irmtraud Zimmermann-Göllheim bei Ullstein erhältlich. Man findet den Roman (ggf. in älteren Ausgaben) aber auch antiquarisch oder in der Bibliothek.

Außerdem: Die Verfilmung des Romans von Andrei Tarkowski aus dem Jahr 1972 ist ebenfalls sehenswert. Man findet sie auf dem Mosfilm-Kanal auf YouTube, wo auch eine Menge anderer Klassiker des Sowjetkinos zu sehen sind. Ein Blick lohnt sich in jedem Fall, auch wenn die Qualität der Übersetzung in den Untertiteln leider sehr schwankt.