Inspiration – Wie klettere ich über eine Schreibblockade?

Eine Hand hält einen violetten Stift mit einer Einhornfigur am Ende und hat bereits die Worte "Schreibwettbewerb Zukunft schreiben" geschrieben. Ansonsten ist das Blatt leer. Im Hintergrund ist eine Tasse zu sehen.
Bild: Nora Hille

Schreiben macht Spaß – die Worte sprudeln nur so aus dir heraus, fließen auf die Seite, erschaffen neue Welten, Charaktere und Wirklichkeiten. Manchmal ist alles so einfach, die Finger fliegen über die Tastatur oder der Stift tanzt über das Blatt, hektisch versuchend dem Strom aus Gedanken gerecht zu werden.

Und dann sitzt du plötzlich da und hast keine Ideen mehr. Das leere Weiß starrt einen vorwurfsvoll an. Finger trommeln auf der Tischplatte und Augen beginnen verloren durch den Raum zu wandern. Manchmal traust du dich tagelang nicht zum Schreiben zurückzukehren – wochenlang – oder monatelang, aus Angst vor diesem unerträglichen Gefühl der Hilflosigkeit. Dem Erzfeind der Kreativen. Der Schreibblockade. Und dann taucht diese Stimme im Hinterkopf auf und fragt: Kann ich Schreiben wirklich als meine Passion beschreiben, wenn ich so lange nichts mehr zu Papier gebracht habe?

Am Anfang eines Textes steht immer eine Idee. Irgendetwas, das Feuer fängt und einen Haufen Synapsen im Gehirn aufleuchten lässt. Aber wie kommt man dahin? Wie lässt man etwas in der eigenen Kreativität entflammen?

Weil ich mich selbst schon oft mit dieser Frage beschäftigen musste, will ich in diesem Blogbeitrag beschreiben, welche Tipps und Strategien mir geholfen haben und dir hoffentlich ein bisschen Inspiration mitgeben, falls du noch ratlos vor der Datei „Career Service Schreibwettbewerb Zukunft“ sitzt.

Zuerst einmal ist es wichtig zu verstehen, dass du nicht allein bist. Leider ist die Erfahrung, vor einer Schreibblockade zu stehen, fast genauso universell, wie die Freude daran, aus Worten Kunstwerke zu erschaffen. Oft wird man genau in den Momenten zum abrupten Stillstand gebracht, in denen man sich endlich mal Zeit freigeschaufelt hat, um sich ganz aufs Hobby zu konzentrieren.

Und wenn dann die Bachelorarbeit, ein Umzug und ein total wichtiges Bewerbungsgespräch gleichzeitig anstehen, schwirren einem die Ideen nur so im Kopf herum und man findet keine freie Minute, um sie aufzuschreiben.

Das ist natürlich kein Zufall, sondern der Tatsache geschuldet, dass sich Inspiration vorwiegend in Erlebnissen findet. An einem geschäftigen Tag ist man mit Millionen von Reizen konfrontiert. Man beobachtet wie ein junges Mädchen ein 2€-Stück findet, schnappt Gesprächsfetzten von einem Streit auf, riecht etwas, was einen an die Sommerferien in der Kindheit erinnert oder fasst aus Versehen in ein frisches Kaugummi an der Tischunterseite – kurz Eindrücke und Emotionen prasseln nur so auf einen ein. Die Wahrscheinlichkeit, dass etwas hängen bleibt und diese Ideen-Kettenreaktion in Gang setzt, die alle schreibenden Menschen so lieben, ist einfach höher.

Tipp 1: Im Alltag mitschreiben

Oft hat man im Alltag aber keine Zeit ein Szenario zu Ende zu denken und alle möglichen Arten, mit denen der eigene Lieblingscharakter auf das gerade Erlebte reagieren könnte, zu erkunden. Deshalb ist die wichtigste Regel, die ich mir selbst gesetzt habe: Alles sofort aufschreiben.
Mit Ideen ist es wie mit Träumen oder der Information, was man noch Einkaufen wollte. Kurz nach dem Aufwachen und wenn man vor dem offenen Kühlschrank steht, kommt einem alles so real und aktuell vor, dass der Gedanken, man könnte es vergessen, absurd scheint. Doch schon beim Frühstück sind die Details von Träumen oft wie weggespült und hinterlassen nichts als einen vagen Eindruck von dem Gefühl, das man hatte, als der Wecker klingelte. Und fast jeder Mensch muss irgendwann einsehen, dass Einkaufslisten notwendig sind.

Häufig wusste ich abends noch genau, dass ich am Tag einen wirklich interessanten Einfall gehabt hatte, aber worum es dabei ging, war mir ein Rätsel. Seit fast sieben Jahren habe ich daher in der Notizenapp auf meinem Handy eine Datei, in der ich alle Formulierungen, Plot-Strukturen und Regeln für Fantasy-Magiesysteme sammele, die sich in der Bahn, während Vorlesungen oder in Gesprächen plötzlich unverhofft in meinem Kopf breit machen.

Wenn man diese Sammlungen nun auch noch sortiert – nach Art, Genre oder Verwendungszweck – hat man einen guten Ansatz, um im Falle einer Schreibblockade auf ein bisschen konservierte Inspiration zurückzugreifen. (Ich habe meine Notizdatei natürlich nicht sortiert, aber ich nehme es mir seit ungefähr 6 Jahren und 11 Monaten vor.)

Tipp 2: Dinge erleben

Beim ersten Tipp handelt es sich um ein längerfristiges Projekt. Ganz konkret und spontan kannst du auch einfach mal einen Spaziergang machen, Freunde treffen oder ein bisschen im Bus rumfahren, um in der Umwelt Inspiration zu finden. Dabei hilft es dir dann bewusst auf die kleinen Dinge zu achten: Wie riecht etwas? Wie fühlt es sich an? Welche Farben haben die Schriftzüge auf den Werbeplakaten? Und welche die Kiesel auf dem Boden? Was hörst du, wenn du die Augen zu macht…?

Am besten hat man seine Schreibutensilien dabei und erlaubt sich selbst in dem Moment loszuformulieren, in dem einen die Inspiration überkommt.

Tipp 3: Medien bewusst konsumieren

Glücklicherweise muss man heutzutage aber auch nicht einmal das Haus verlassen, um sich selbst mit neuen Eindrücken zu konfrontieren. Dank Streaming und dem Internet, kann man sich ganz bequem von zu Hause mit Filmen, Serien und Büchern ausstatten, die alle ihre eigenen Geschichten erzählen und hoffentlich die ein oder andere Emotion in einem auslösen. Für Empfehlungen im Bereich Science-Fiction könnt ihr gerne die anderen Beiträge auf diesem Blog durchstöbern. Aber auch in den Lieblingsmedien, die man schon des Öfteren konsumiert hat, lassen sich häufig Motive und Themen entdecken, zu denen man schon immer etwas sagen wollte. Hinterfragt, warum euch Charaktere wichtig sind, ihr Konflikte interessant findet oder Szenen immer wieder lesen oder gucken könntet. Welche Schauplätze mögt ihr und wie werden sie beschrieben? Was sind Formulierungen, die Dialoge einzigartig machen? Welche Hindernisse stehen den Helden im Weg und wie wird Spannung erzeugt und gehalten?

Tipp 4: Pausen erlauben

Oft baut das Gefühl, endlich mit den Schreiben anfangen zu müssen, es aber einfach nicht zu können, Druck auf. Euch selbst zu erlauben, sich eine Stunde lang mit etwas anderem zu beschäftigen, während ihr im Hinterkopf weiter über eure Idee nachdenkt, kann die Situation auflockern.

Tipp 5: Flashfiction schreibe

Druck kann aber auch zu einem positiven Ergebnis beitragen. Zum Beispiel Zeitdruck. Stellt euch einen Timer für zehn Minuten und versucht bis zum Ende der Zeit einen abgeschlossenen Text zu produzieren. Plötzlich hat man gar keine Möglichkeit mehr lange über Formulierungen nachzudenken – die Worte müssen einfach raus, so schnell wie möglich. Dieses extrem kurze Genre wird auch „Flashfiction“ genannt und hilft vielen Menschen ein paar Ideen aus dem Ärmel zu schütteln. Es ist ein Wundermittel gegen Perfektionismus, denn nach zehn Minuten kann schließlich niemand ein Meisterwerk erwarten, oder?

Tipp 6: Schließt euch zusammen!

Erwartungen können jedoch auch hilfreich sein: Oft ist man als schreibende Person nur sich selbst verpflichtet und ob man heute wirklich was schreibt, oder dann doch nur die Wäsche macht, bekommt niemand mit. Trefft euch mit gleichgesinnten Freunden. Schreibt Flashfiction gemeinsam, lest sie danach vor und kommentiert sie. Redet über eure Ansätze, lasst euch voneinander inspirieren und arbeitet mit Feedback weiter. Und legt euch gegenseitig Rechenschaft ab. Fragt nach „Und wie weit bist du gekommen? Darf ich schon mal rüber lesen? Wann ist die erste Version fertig?“

Diese 6 Tipps haben mir in der Vergangenheit geholfen, mir eine kleine Leiter zusammenzuzimmern mit der ich die eine oder andere Schreibblockade erklimmen konnte. Probiert es einfach selber mal aus und findet dabei euren eigenen Weg. Im nächsten Beitrag geht es dann noch um ein paar konkrete Tipps für Schreibaufgaben, die sich für das Flashfiction Format, allerdings auch für längere Projekte eignen.

Schreibinspiration/Lesetipp #2 – Kazuo Ishiguro: Klara und die Sonne

So beginnt Kazuo Ishiguros jüngster, 2021 erschienener Roman Klara und die Sonne, der aus der Ich-Perspektive von Klara, einer KF (Künstliche Freundin), einen neuen Blick auf das aufwirft, was wir Menschlichkeit nennen und wie wir diese zu verlieren drohen. Dabei spielt der Roman in einer nicht näher spezifizierten dystopischen Zukunft, extrapoliert aber, wie in der Science-Fiction üblich, gegenwärtige gesellschaftliche Entwicklungen und Phänomene, um so letztlich einen Blick auf uns zurückzuwerfen und uns mögliche Konsequenzen eben dieser eindrücklich vor Augen zu führen.

Interessanterweise wird das Thema der künstlichen Intelligenz, ob es nun tatsächliche Intelligenz ist oder nicht, ob sie den Menschen nun überflüssig macht oder nicht, ob sie uns nun Beziehungen vorspielt und eigentlich von uns und unseren Mitmenschen isoliert und vereinsamen lässt oder nicht, wenn überhaupt nur am Rande angesprochen. Klara mag zwar die Hauptfigur und Erzählerin des Romans sein, aber um sie geht es in dem Roman überhaupt nicht, sie ist ein Medium, durch das die eigentlichen Themen von sozialer Kälte und Optimierungszwang, aber auch von Hoffnung und Menschlichkeit vermittelt werden.

Es ist erstaunlich, wie gerade der perspektivische Filter einer nicht menschlichen Figur, die versucht, sich einen Reim auf die menschliche Welt zu machen und sich diese zu erklären, auch durch ihre kindliche, naiv anmutende Sprechweise, ein so beklemmendes Bild von uns und unserem Umgang miteinander zeichnen kann und dabei gerade nicht in Nihilismus oder Zynismus verfällt. Ich denke, ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass Klara eines Tages gekauft wird und den Laden, in dem sie sich eingangs befindet, verlässt, um die KF von Josie zu werden, einem kränkelnden 14-jährigen Mädchen, dem sie als Gefährtin zur Seite stehen soll. Dabei verschlechtert sich Josies Zustand im Verlaufe der Geschichte immer weiter und Klara sucht auf ihre eigene Art nach einem Weg der Heilung für sie.

Ihr merkt, ich versuche möglichst wenig Details preiszugeben. Das rührt daher, dass ich glaube, dass der Roman seine größte Kraft entfaltet, wenn er einen unvorbereitet trifft. Wenn man wie Klara versucht, sich die Welt des Romans zu erklären und nicht bereits weiß, was dort vor sich geht. Deshalb schweige ich zum weiteren Inhalt. Lasst euch abschließend nur gesagt sein, dass euch dieses Werk, wenn ihr es schafft euch richtig darauf einzulassen, nachhaltig beeindrucken und lange beschäftigen wird. Es ist eines der Bücher, die man in seinem Kopf lange mit sich rumträgt, auch wenn man es schon längst zugeklappt hat. Und für das eigene Schreiben ist es ein wunderbares Fallbeispiel dafür, wie stark der Einfluss einer bestimmten Erzählperspektive, wenn man diese nur konsequent einnimmt, auf den fertigen Text, seine Atmosphäre, seine Sprache, seine Eindrücke, seine ganze Wirkung sein kann. Ich möchte euch deshalb ermutigen, in euren Texten ganz bewusst die Perspektive zu wählen, mit der ihr glaubt eure Geschichte und die darin transportierten Themen, Bilder, Gefühle und Gedanken am wirkmächtigsten ausdrücken zu können.

Klara und die Sonne ist in der deutschen Übersetzung von Barbara Schaden beim Blessing-Verlag erschienen. Die englische Originalfassung wurde bei Faber&Faber publiziert.

Schreibinspiration/Lesetipp #1 – Stanisław Lem: Solaris

Diese berühmten Sätze aus dem 1961 erschienen Romanklassiker Solaris von Stanisław Lem geben eine Antwort auf die Frage, warum die Menschheit das Weltall erforscht und den Kosmos durchreist. Es ist die Antwort von Snaut, einem der Forscher auf der Solaris-Forschungsstation, die über dem titelgebenden Planeten schwebt und von der aus das Verhalten eines merkwürdigen Ozeans auf dessen Oberfläche untersucht werden soll.

Suchen wir im Fremden letztlich nur uns selbst, einen Spiegel, um uns unserer Selbst zu vergewissern? Können wir mit dem, was uns völlig fremd bleibt, überhaupt etwas anfangen, entzieht es sich uns nicht völlig? Das sind tiefgreifende Fragen, über die man lange nachdenken kann und sie bilden das Hauptmotiv des Romans. Sowohl auf zivilisatorischer Ebene, durch der Erforschung des fremden Planeten, als auch auf persönlicher, zwischenmenschlicher Ebene, durch die Beziehung zwischen dem Ich-Erzähler Kris Kelvin und seiner eigentlich vor Jahren verstorbenen Frau Harey, die plötzlich auf der Raumstation auftaucht, dreht sich das Geschehen um das Verhältnis zum Anderen und um die (unmögliche) Kommunikation mit eben diesem.

Die Lektüre des Romans lohnt sich sicherlich als Anregung, um darüber nachzudenken. Man kann das aber auch ausblenden und unvoreingenommen einen kanonischen Text der Science-Fiction-Literatur kennenlernen. Es ist sicherlich keine ausschließlich unterhaltende Lektüre, denn es gibt auch ausgedehnte Passagen über die Forschungsgeschichte des Planeten, die man dröge finden kann. Auch der Umgang mit den Frauenfiguren wird einigen befremdlich und kritikwürdig erscheinen, so beispielsweise, wenn die Hauptfigur seine Frau ständig mit „mein Kind“ anspricht. Trotzdem bleibt der Roman nicht zu Unrecht ein Klassiker, der ein universelles Thema auf vielschichtige Weise behandelt und aus dem man einiges ziehen kann.

Gleichzeitig kann man die obigen Sätze auch auf einer Metaebene auf die Literatur beziehen. Was suchen wir, wenn wir Texte über eine fremde Zeit, ein fremdes Land, einen fremden Menschen, eine fremde Welt lesen? Wirklich nur uns selbst im Fremden, oder doch etwas anderes? Suchen wir überhaupt? Ich denke, diese Fragen kann man sich stellen, wenn man solche Texte liest, aber auch und vielleicht vor allem, wenn man sie schreibt. So hilft die Lektüre vielleicht auch dabei, um zu sehen, wie man mit etwas so fremd scheinendem wie der Zukunft ein doch menschliches, universelles Thema bearbeiten und davon erzählen kann.

Werdet ihr uns mit euer Geschichte auch einen Spiegel vorhalten? Oder widersprecht ihr dieser Philosophie und haltet solche Gedankenspiele für Zeitverschwendung? Gibt es für uns im Fremden mehr als nur uns selbst und ihr möchtet davon erzählen? Wir sind gespannt auf eure Einsendungen, die Details findet ihr im angepinnten Beitrag.

Solaris ist in der deutschen Übersetzung von Irmtraud Zimmermann-Göllheim bei Ullstein erhältlich. Man findet den Roman (ggf. in älteren Ausgaben) aber auch antiquarisch oder in der Bibliothek.

Außerdem: Die Verfilmung des Romans von Andrei Tarkowski aus dem Jahr 1972 ist ebenfalls sehenswert. Man findet sie auf dem Mosfilm-Kanal auf YouTube, wo auch eine Menge anderer Klassiker des Sowjetkinos zu sehen sind. Ein Blick lohnt sich in jedem Fall, auch wenn die Qualität der Übersetzung in den Untertiteln leider sehr schwankt.