Schreibinspiration/Lesetipp #3 – E.M. Forster: The Machine Stops

In diesem Blogbeitrag wird die Kurzgeschichte „The Machine Stops“ von E.M. Forster vorgestellt. Dazu werde ich einen kleinen Einblick in Forsters von einer Maschine bestimmte Welt geben, ohne aber zu viel von der Geschichte an sich zu erzählen.

Lebensstil – People never touched one another. (97)

Die Menschen leben unter der Erde in kleinen Zellen. In diesen können sie per Knopfdruck all ihre Bedürfnisse von der Maschine erfüllen lassen. Dazu gibt es ein kleines Handbuch, das sogenannte „Book of the Machine“, das einem bei allen Problemen hilft. Denn es sagt einem, welchen Knopf man wann drücken muss. So manch einer liebt dieses Buch, verehrt es und liest aus ihm wie aus einer Bibel. Bei diesem Buch handelt es sich um das einzige Buch, welches noch wie in den alten Zeiten ist.

Alle sozialen Kontakte erfolgen über die Maschine. Face-to-Face-Unterhaltungen sind die Ausnahme. Die Menschen in dieser Welt sind nahezu komplett auf eine Art Internet-Video-Call umgestiegen. Aber was machen die Menschen den ganzen Tag? – Sie geben oder hören Vorlesungen über wissenschaftliche Themen, zum Beispiel Musik oder die französische Revolution. Wenn sie nicht gerade Vorlesungen hören, tun sie anderen Dinge, die ihnen Ideen geben. Dazu gehört zum Beispiel auch ein Gespräch mit einem guten Freund.

Die Menschen haben kein Gefühl mehr für den Raum, dafür aber umso mehr für die Zeit. Es gibt keinen Moment, in dem sie nicht an die Zeit oder an Zeitverschwendung denken.

Werte – How we have avanced thanks to the Machine! (97)

Die Freiheit ist in dieser Welt der Gemütlichkeit gewichen. Freiheit wird als etwas Beängstigendes oder sogar Verpöntes angesehen. Verbesserung und Effizienz stehen im Vordergrund. Der Mensch als Ganzer, d.h. als Art, soll verbessert werden. Für diesen Zweck soll die Maschine immer effizienter arbeiten.

Soziale Kontakte oder Familie sind nicht wichtig. Ein Austausch mit einem guten Freund dient nur dem Generieren von neuen Ideen. Der oberste Zweck ist somit nicht die Verbesseung oder Entfaltung des Selbst. Die Verbesserung des Selbst dient allenfalls der Verbesserung der Menschheit und der Zivilisation. Es geht jedoch nur um die geistige „Verbesserung“ und niemals um eine körperliche. Denn das Trainieren des eigenen Körpers steht einem gemütlichen, effizienten Leben im Weg und wird als etwas Schlechtes angesehen. Der Körper des Menschen soll in dieser Welt nicht vebessert werden, sondern anpassungsfähig sein und zwar an den kleinen gefängnisartigen Lebensraum.  

Wissenschaft – Beware of first-hand ideas! (109)

Kann Wissenschaft ohne unmittelbaren Bezug zum Wissenschaftsobjekt gemacht werden? In dieser Welt ist das der Normalfall. Es wird sogar erwünscht, dass man seine Kenntnisse nicht aus erster Hand, sondern lieber aus zweiter, drtitter oder vierter Hand generiert. Die Dinge direkt beobachten wollen – das ist in dieser Welt verpönt, auch wenn einige Wissenschaftler in dieser Welt immer noch diesen Wunsch haben. Jedoch wird den Menschen weisgemacht, dass eine Wissenschaft nicht auf persönlichen Erfahrungen gründen kann:

First-hand ideas do not really exist. They are but the physical impressions produced by love and fear, and on this gross foundation who could erect a philosophy? (109)

In dieser Welt haben Fakten immer einen absolut persönlichen Charakter. Alles Persönliche jedoch hat dort nichts zu suchen. Denn das Persönliche bringt die Zivilisation nicht weiter. Daher haben Fakten ebenfalls keinen Stellenwert. Das Ziel der Abkkehr von Fakten wird in diesem Zitat, in dem das wissenschaftliche Ideal zusammengefasst wird, noch einmal deutlich:

And in time […] there will come a generation that has got beyond facts, beyond impressions, a generation absolutely colourless, a generation seraphically free [f]rom taint of personality […]. (101, Hervorhebung im Original)

Der Kontakt zur Erdoberfläche soll somit vermieden werden. Die Hauptfigur Vishtu sagt, als sie bei einem seltenen Ausflug im Flugzeug die Berge sieht: „The mountains give me no ideas.“ (97) Aber ich hoffe, dieser Blogbeitrag hat ein paar Ideen für eine Kurzgeschichte zum Thema Zukunft geliefert.

Forsters Kurzgeschichte ist übrigens aus dem Jahr 1909. Umso faszinierender ist es vor diesem Hintergrund, dass er schon von einer Art Internet spricht, mit dessen Hilfe Video-Anrufe möglich sind.

Die zitierten Seiten beziehen sich auf folgenden Band: Forster, E.M.: The Machine Stops and other stories. Abinger Edition 7. Edited Rod Mengham. 1997.

Inspiration – Lustige Prompts, um endlich mal wieder was zu schreiben

Ein Wohnzimmer ist abgebildet. Mehrere Augen sind über die Möbel verteilt.
Bild: KI Dall-E, Bearbeitung Nora Hille


Es gibt über 300.000 Worte in der deutschen Sprache und wenn man nur lange genug darüber nachdenkt, kann man sicher mit den meisten von ihnen einen grammatikalisch korrekten Satz beginnen. Wie soll man sich da für eins entscheiden, das den eigenen Text eröffnet?

Letzte Woche haben wir über die gefürchtete Schreibblockade gesprochen und über Wege, sich selbst eine kleine Trittleiter zu bauen, um darüber zu klettern. Heute geht es um konkrete Schreibübungen, die ihr ausprobieren könnt, um einfach mal wieder loszulegen.
Ein Grund dafür, dass das leere, weiße Blatt vor einem oft so beängstigend scheint, ist die schier unendliche Fülle an Möglichkeiten, die sich einer schreibenden Person auftun. Manchmal können Einschränkungen der Schlüssel dafür sein, endlich anzufangen. Deshalb macht man Flashfiction oft mit Prompts, also Aufforderungen, oder besser noch, Einschränkungen.

Bei unserem Schreibwettbewerb haben wir bereits ein Thema vorgegeben, aber es gibt immer noch viele verschiedene Wege über die Zukunft zu schreiben. Sich selbst Regeln zu setzen, kann den Stress nehmen, den einen perfekten Ansatz zu finden. Plötzlich ist die Menge an Möglichkeiten begrenzt und manchmal scheinen die Vorgaben so restriktiv, dass man plötzlich nur noch eine einzige Chance sieht, daraus noch etwas Brauchbares zusammen zu formulieren. Ich habe hier eine Liste meiner liebsten Schreib-Prompts zusammengestellt, die alle den Text auf eine syntaktische, semantische, abstrakte oder konkrete Weise einschränken. Es gibt ganz unterschiedliche Präferenzen auf dem Spektrum von Freiheit und Beschränkung und man kann die folgenden Ideen wild miteinander kombinieren und natürlich auch immer abwandeln, um sie an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. 

Schreibe einen Text, der die folgenden drei Worte beinhaltet oder als Motiv aufnimmt: Verrat, Pusteblume und Untermieter. Diese Worte sind natürlich willkürlich gewählt und sollten ausgetauscht werden. Sollten sich andere Menschen in unmittelbarer Umgebung befinden, empfiehlt es sich diese aufzufordern, das erste Wort zu äußern, das ihnen einfällt. Alternativ kannst du dir eine Zahl zwischen eins und 30 überlegen, das Lieblingsbuch auf einer zufälligen Seite öffnen und das erste Nomen auswählen, das sich in der jeweiligen Zeile befindet. Ansonsten gibt es im Internet eine Fülle an Wortgeneratoren.

Schreibe einen Text, der mit dem gleichen Satz beginnt und endet, wobei sich seine Bedeutung  allerdings verändert. Der Vorteil von diesem Prompt ist, dass man eine schöne, runde Textstruktur genauso kostenlos mitgeliefert bekommt, wie die unvermeidliche Entwicklung, durch die geforderte Veränderung. Texte, die durch ein Motiv gerahmt werden, und Texte, in denen etwas passiert, sind häufig reizvoll zu lesen.

Schreibe einen Text, der genau 100 Worte enthält. Hier muss man plötzlich jedes Wort auf die Goldwaage legen. Ist es notwendig? Oder streichen wir einfach den ganzen Satz? Dann hätten wir noch Platz für ein paar Adjektive am Ende. 100 Worte sind nicht viel und plötzlich merkt man, dass literarische Sätze ganz im Gegensatz zu den Lehren der Grundschule auch mal ohne Verben auskommen. Natürlich lässt sich dieser Prompt beliebig anpassen – die im Wettbewerb geforderten 6.000 bis 20.000 Zeichen sind in der deutschen Sprache durchschnittlich zum Beispiel ungefähr 2.000 Worte. Man kann, wenn man die Herausforderung sucht, aber natürlich auch mal versuchen eine genaue Anzahl Zeichen zu verwenden.

(In den meisten Textverarbeitungen, könnt ihr übrigens einen Textabschnitt einfach markieren und die Anzahl der Worte wird euch in der Leiste ganz unten links angezeigt. Um die Anzahl der Zeichen auszulesen, müsst ihr auf die dort angegebene Wortanzahl klicken und ein Pop-Up-Fenster mit den Informationen öffnet sich. Bei MS-Word könnt ihr auch unter ‚Überprüfen‘ auf ‚Wortanzahl‘ gehen. Bei LibreOffice findet sich der selbe Befehl wenn ihr unter ‚Extras‘ auf Wörterzählen‘ klickt.)

Schreibe einen Text aus der Perspektive eines Gegenstands. Hier kann man üben, neue Blickwinkel einzunehmen. Hat ein Gegenstand einen Charakter, eine Meinung, ein Motiv? Und woher ergibt sich dieses? Außerdem stellt sich die Frage, wie der Gegenstand die Welt wahrnimmt. Sind seine Sinne überhaupt mit unseren zu vergleichen? Kann ein Gegenstand in der Geschichte aktiv werden? Oder wird er nur durch andere Personen, Tiere oder Wetterphänomene bewegt? Die Personifikation von Dingen hat eine lange Geschichte in der Literatur und diese Übung führt einem vor Augen warum.

Schreibe einen Text, ohne visuelle Beschreibungen. Als Menschen verlassen wir uns oft auf unsere Augen, aber ein guter Text spricht alle Sinne an. Die meisten Adjektive beziehen sich auf sichtbare Eigenschaften, aber wie fühlt sich etwas an? Wie riecht, schmeckt oder klingt es?

Schreibe einen Text, in dem jeder Satz mit dem nächsten Buchstaben im Alphabet beginnt. Auch wenn dieser Prompt auf den ersten Blick schwierig umzusetzen scheint, kann die Einschränkung einem sehr dabei helfen, eine Geschichte voranzutreiben. Beim Impro-Theater wird diese Übung ebenfalls oft verwendet, um Szenen zu entwickeln. „C“ ist zum Beispiel kein besonders einfacher Buchstabe, da wenige deutsche Worte mit diesem beginnen. Daher kann er bei Bedarf auch übersprungen werden. Ebenfalls Buchstaben wie „Q“, „X“ und „Y“ sind von dieser erhöhten Schwierigkeit betroffen. Freilich, die Satzstruktur und Wortwahl leidet manchmal unter der Regel, aber lustig ist dieser Prompt definitiv! Ganz viel Erfolg!

Schreibe einen Text mit einem zufälligen ersten Satz. Wie kommt man auf diesen Satz? Man schlägt ein Buch auf und nimmt den ersten vollen Satz auf der Seite. Man nimmt den letzten grammatikalisch vollständigen Satz, den man per Textnachricht versendet hat. Man sucht sich einen anderen Menschen und fragt nach. Oder man nutzt einen Generator im Internet. Wenn man wirklich gar nicht damit anfangen will, kann man den Satz auch an einer anderen Stelle in den Text einbinden.

Schreibe eine Szene aus einem Film oder einer Serie als Text. Wenn ihr keine Ideen habt, aber Schreiben als Handwerk üben wollt, könnt ihr euch Plot, wörtliche Rede und Aussehen von Personen und Orten auch mal ausborgen. Kameras und Mikrofone fangen eine Unmenge an Informationen ein und ihr müsst entscheiden, was für den Leser wirklich wichtig ist, um die Szene zu verstehen, aber auch um ein Gefühl für die Situation mitzunehmen. In geschriebenen Texten ist außerdem Platz für innere Monologe, subjektive Interpretationen der Charaktere, Erinnerungen, Geruch, Geschmack und Sensorik. Diese Übung ist besonders lustig, wenn ihr sie in einer Gruppe macht und die Ergebnisse vergleicht – Schreibende setzen ihren Fokus immer anders.

Schreibe einen Text komplett ohne Adjektive und Adverbien. Ein großer Mensch ist ein Riese. Statt schnell zu laufen kann man rennen. Oft sind Adjektive und Adverbien nicht so notwendig, wie man im ersten Moment denkt und ein Text, der in weniger Worten mehr sagt, ist oft interessanter zu lesen.

Für noch mehr Ideen könnt ihr euch natürlich immer im Internet umgucken. Manchmal ist durch eine kleine Übung die Blockade gebrochen und danach läuft das Schreiben wieder ohne Probleme weiter. Auch wenn das Ergebnis von solchen Schreibübungen nicht immer direkt veröffentlichungswürdig ist, findet man in dem Prozess oft Ideen, die es irgendwann werden. Vielleicht ist es ein Satz mit cleverer Formulierung, ein Charakter mit interessanten Schwächen oder ein Konzept, dass einfach in einem 500 Seiten Roman erkundet werden muss – oder in einer Kurzgeschichte über die Zukunft.

Schreibinspiration/Lesetipp #2 – Kazuo Ishiguro: Klara und die Sonne

So beginnt Kazuo Ishiguros jüngster, 2021 erschienener Roman Klara und die Sonne, der aus der Ich-Perspektive von Klara, einer KF (Künstliche Freundin), einen neuen Blick auf das aufwirft, was wir Menschlichkeit nennen und wie wir diese zu verlieren drohen. Dabei spielt der Roman in einer nicht näher spezifizierten dystopischen Zukunft, extrapoliert aber, wie in der Science-Fiction üblich, gegenwärtige gesellschaftliche Entwicklungen und Phänomene, um so letztlich einen Blick auf uns zurückzuwerfen und uns mögliche Konsequenzen eben dieser eindrücklich vor Augen zu führen.

Interessanterweise wird das Thema der künstlichen Intelligenz, ob es nun tatsächliche Intelligenz ist oder nicht, ob sie den Menschen nun überflüssig macht oder nicht, ob sie uns nun Beziehungen vorspielt und eigentlich von uns und unseren Mitmenschen isoliert und vereinsamen lässt oder nicht, wenn überhaupt nur am Rande angesprochen. Klara mag zwar die Hauptfigur und Erzählerin des Romans sein, aber um sie geht es in dem Roman überhaupt nicht, sie ist ein Medium, durch das die eigentlichen Themen von sozialer Kälte und Optimierungszwang, aber auch von Hoffnung und Menschlichkeit vermittelt werden.

Es ist erstaunlich, wie gerade der perspektivische Filter einer nicht menschlichen Figur, die versucht, sich einen Reim auf die menschliche Welt zu machen und sich diese zu erklären, auch durch ihre kindliche, naiv anmutende Sprechweise, ein so beklemmendes Bild von uns und unserem Umgang miteinander zeichnen kann und dabei gerade nicht in Nihilismus oder Zynismus verfällt. Ich denke, ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass Klara eines Tages gekauft wird und den Laden, in dem sie sich eingangs befindet, verlässt, um die KF von Josie zu werden, einem kränkelnden 14-jährigen Mädchen, dem sie als Gefährtin zur Seite stehen soll. Dabei verschlechtert sich Josies Zustand im Verlaufe der Geschichte immer weiter und Klara sucht auf ihre eigene Art nach einem Weg der Heilung für sie.

Ihr merkt, ich versuche möglichst wenig Details preiszugeben. Das rührt daher, dass ich glaube, dass der Roman seine größte Kraft entfaltet, wenn er einen unvorbereitet trifft. Wenn man wie Klara versucht, sich die Welt des Romans zu erklären und nicht bereits weiß, was dort vor sich geht. Deshalb schweige ich zum weiteren Inhalt. Lasst euch abschließend nur gesagt sein, dass euch dieses Werk, wenn ihr es schafft euch richtig darauf einzulassen, nachhaltig beeindrucken und lange beschäftigen wird. Es ist eines der Bücher, die man in seinem Kopf lange mit sich rumträgt, auch wenn man es schon längst zugeklappt hat. Und für das eigene Schreiben ist es ein wunderbares Fallbeispiel dafür, wie stark der Einfluss einer bestimmten Erzählperspektive, wenn man diese nur konsequent einnimmt, auf den fertigen Text, seine Atmosphäre, seine Sprache, seine Eindrücke, seine ganze Wirkung sein kann. Ich möchte euch deshalb ermutigen, in euren Texten ganz bewusst die Perspektive zu wählen, mit der ihr glaubt eure Geschichte und die darin transportierten Themen, Bilder, Gefühle und Gedanken am wirkmächtigsten ausdrücken zu können.

Klara und die Sonne ist in der deutschen Übersetzung von Barbara Schaden beim Blessing-Verlag erschienen. Die englische Originalfassung wurde bei Faber&Faber publiziert.

Schreibinspiration/Lesetipp #1 – Stanisław Lem: Solaris

Diese berühmten Sätze aus dem 1961 erschienen Romanklassiker Solaris von Stanisław Lem geben eine Antwort auf die Frage, warum die Menschheit das Weltall erforscht und den Kosmos durchreist. Es ist die Antwort von Snaut, einem der Forscher auf der Solaris-Forschungsstation, die über dem titelgebenden Planeten schwebt und von der aus das Verhalten eines merkwürdigen Ozeans auf dessen Oberfläche untersucht werden soll.

Suchen wir im Fremden letztlich nur uns selbst, einen Spiegel, um uns unserer Selbst zu vergewissern? Können wir mit dem, was uns völlig fremd bleibt, überhaupt etwas anfangen, entzieht es sich uns nicht völlig? Das sind tiefgreifende Fragen, über die man lange nachdenken kann und sie bilden das Hauptmotiv des Romans. Sowohl auf zivilisatorischer Ebene, durch der Erforschung des fremden Planeten, als auch auf persönlicher, zwischenmenschlicher Ebene, durch die Beziehung zwischen dem Ich-Erzähler Kris Kelvin und seiner eigentlich vor Jahren verstorbenen Frau Harey, die plötzlich auf der Raumstation auftaucht, dreht sich das Geschehen um das Verhältnis zum Anderen und um die (unmögliche) Kommunikation mit eben diesem.

Die Lektüre des Romans lohnt sich sicherlich als Anregung, um darüber nachzudenken. Man kann das aber auch ausblenden und unvoreingenommen einen kanonischen Text der Science-Fiction-Literatur kennenlernen. Es ist sicherlich keine ausschließlich unterhaltende Lektüre, denn es gibt auch ausgedehnte Passagen über die Forschungsgeschichte des Planeten, die man dröge finden kann. Auch der Umgang mit den Frauenfiguren wird einigen befremdlich und kritikwürdig erscheinen, so beispielsweise, wenn die Hauptfigur seine Frau ständig mit „mein Kind“ anspricht. Trotzdem bleibt der Roman nicht zu Unrecht ein Klassiker, der ein universelles Thema auf vielschichtige Weise behandelt und aus dem man einiges ziehen kann.

Gleichzeitig kann man die obigen Sätze auch auf einer Metaebene auf die Literatur beziehen. Was suchen wir, wenn wir Texte über eine fremde Zeit, ein fremdes Land, einen fremden Menschen, eine fremde Welt lesen? Wirklich nur uns selbst im Fremden, oder doch etwas anderes? Suchen wir überhaupt? Ich denke, diese Fragen kann man sich stellen, wenn man solche Texte liest, aber auch und vielleicht vor allem, wenn man sie schreibt. So hilft die Lektüre vielleicht auch dabei, um zu sehen, wie man mit etwas so fremd scheinendem wie der Zukunft ein doch menschliches, universelles Thema bearbeiten und davon erzählen kann.

Werdet ihr uns mit euer Geschichte auch einen Spiegel vorhalten? Oder widersprecht ihr dieser Philosophie und haltet solche Gedankenspiele für Zeitverschwendung? Gibt es für uns im Fremden mehr als nur uns selbst und ihr möchtet davon erzählen? Wir sind gespannt auf eure Einsendungen, die Details findet ihr im angepinnten Beitrag.

Solaris ist in der deutschen Übersetzung von Irmtraud Zimmermann-Göllheim bei Ullstein erhältlich. Man findet den Roman (ggf. in älteren Ausgaben) aber auch antiquarisch oder in der Bibliothek.

Außerdem: Die Verfilmung des Romans von Andrei Tarkowski aus dem Jahr 1972 ist ebenfalls sehenswert. Man findet sie auf dem Mosfilm-Kanal auf YouTube, wo auch eine Menge anderer Klassiker des Sowjetkinos zu sehen sind. Ein Blick lohnt sich in jedem Fall, auch wenn die Qualität der Übersetzung in den Untertiteln leider sehr schwankt.

Unser Schreibwettbewerb

Schreibwettbewerb Zukunft. Wir freuen uns auf deinen Text. Etwas das mit Zukunft zu tun hat, so wie du sie dir vorstellst oder wie du sie dir wünscht. Die besten Geschichten werden veröffentlicht: Deine Idee wird Teil eines richtigen Buchs!

Der Career Service veröffentlicht die zehn besten Einsendungen in einer Anthologie. Dein fiktionaler Text sollte zwischen 6.000 und 20.000 Zeichen (inklusive Leerzeichen) haben und kann in deutscher oder englischer Sprache verfasst sein. Er sollte spätestens bis zum 30.11.2024 als PDF-, DOCX- oder ODT-Datei an menke@career.uni-siegen.de geschickt werden. Spätere Einreichungen oder solche, die den angegebenen Umfang über- bzw. unterschreiten, werden bei der Auswahl nicht berücksichtigt.

Wichtig: Am Ende des Textes muss ein Absatz mit folgenden Informationen über dich stehen: Name, Postanschrift, Studienfach, Matrikelnummer, E-Mail-Adresse und Telefonnummer. Die Entscheidung über die Auswahl wird durch eine vom Career Service der Universität Siegen zusammengestellte Jury getroffen und ist nicht anfechtbar. Mit der Einsendung werden die Teilnahmebedingungen anerkannt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.